Kreis Soest Wenn in Kürze die Schützenfest-Saison im Altkreis Lippstadt startet, könnte auch ein mulmiges Gefühl mitmarschieren. Die Angst kriecht in die Schützenuniform. Nach Anschlägen wie in München, Magdeburg oder Aschaffenburg verspüren Bürger vor allem überall dort eine abstrakte Gefahr, wo sich viele Menschen auf öffentlichen Plätzen und Wegen versammeln.

Bei der Generalversammlung des Lippstädter Stadtschützenrings haben die Schützenbrüder bereits vor mehreren Wochen diskutiert, wie Zugangswege zu Festplätzen und die Festumzüge besser gesichert werden könnten. Gleichzeitig soll die Sorge vor einem Anschlag nicht die Leichtigkeit des Feierns klauen. Wir haben in der Schützenfamilie und bei der Polizei nachgehakt.

Der Kreisoberst

Franz Westermann berichtet auf Nachfrage unserer Zeitung: „Es ist ein schwieriges Thema, mit dem die Schützen sensibilisiert umgehen. Viele Vereine sind auch verunsichert, weil sie nicht wissen, was auf sie zukommt.“ Nach aktuellem Stand fordern zumindest die Ordnungsämter der Gemeinden (sie segnen z.B. die Marschwege ab) aber keine konkreten Verschärfungen der Sicherheitsmaßnahmen. „Eine hundertprozentige Sicherheit kann es eh nicht geben, es können ja nicht alle Zufahrten abgesperrt werden“, sagt Westermann. Er plädiert für „maßvolle Sicherheitsvorkehrungen.“

Schützenverein Schallern

Das 317-Einwohner-Dorf eröffnet traditionell die Schützenfestsaison, am 25. April ruft der Hauptmann zum Antreten. Oberst Thorben Schwarz erklärt: „Beim Festumzug haben wir das Sicherheitskonzept nicht verstärkt.“ Und der Zeltplatz sei eh schon gut gesichert. Zu zwei Seiten ist der Platz zwar offen, doch Blumenkübel aus Beton und Kühl-Container einer Brauerei sind wirkungsvoller als jeder Schutzpoller.

Männerschützenverein Anröchte

Freddy Peitz, 1. Vorsitzende, sagt: „Wir haben bei der Kreisdelegierten-Tagung über das Thema gesprochen. Für unseren Verein gibt es aber noch keine konkreten Pläne bezüglich der Sicherheit, da wir auch erst im Juli feiern. Fest steht aber: Wir können für den Umzug nicht jeden Seitenweg absperren.“

St. Sebastianus-Schützenbruderschaft Geseke

Geschäftsführer Thomas Kayser bestätigt zwar, dass die latente Gefahrenlage „in aller Munde“ sei, ein verschärftes Sicherheitskonzept gebe es aber aktuell nicht. Das Festgelände ist seit Jahren durch einen Zaun umschlossen.

Schützenverein Eickelborn

Hier wird einer der längsten Festumzüge im Sommer zu bestaunen sein: Zum Jubelschützenfest vom 12. bis 14. Juli werden zahlreiche Gastvereine erwartet. Die Planungen für das Sicherheitspaket sind fortgeschritten. Oberst Ulrich Köster: „In enger Abstimmung mit Ordnungsamt und Polizei arbeiten wir an einem Festablauf-Konzept, das größtmögliche Sicherheit gewährleistet, ohne den Volksfest-Charakter der Veranstaltung ins Gegenteil zu verkehren.“

Nördlicher Schützenbund Lippstadt (NSB)

Oberst Uwe Vogeler spürt bei vielen Schützen „eine Besorgnis“ hinsichtlich der abstrakten Gefahrenlage. Vogeler: „Wir stehen vor den Fragen: Wie schützt man die Menschen? Wie gehen wir mit der Situation um?“ Die Lippstädter Feuerwehr hilft dem NSB seit Jahren, Seitenstraßen abzusperren. „Aber das diente ausschließlich der Verkehrssicherung, nicht der Gefahrenabwehr“, so Vogeler. Dass bei vielen Rosenmontagsumzügen in diesem Jahr Traktoren zur Gefahren-Abwehr Zufahrten blockierten, fand der Oberst gut. Kopieren will er diese Idee fürs Schützenfest aber nicht: „Wir haben in Lippstadt gar nicht so viele Traktoren, wie wir Seitenstraßen absperren müssten.“

Bürgerschützen Rüthen

Oberst Christoph Helle erklärt: „Generell sind wir natürlich sensibilisierter als noch vor einigen Jahren. Aber Angst dürfen wir nicht haben.“ Er vertraut beim Sicherheitskonzept auf die „enge Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung.“ Sondermaßnahmen seien aktuell noch nicht geplant.

Bürger-Schützenverein Geseke

Die Bürger-Schützen feiern am Pfingst-Wochenende ihr 75-jähriges Jubelfest. Daniel Balkenhol, Oberst und 1. Vorsitzender, berichtet: „Im Hinblick auf unser Jubiläum ist die Sicherheit der Veranstaltungsteilnehmer und der Besucher natürlich auch Gegenstand unserer Gespräche mit dem hiesigen Ordnungsamt.“ Er räumt ein: „Zunächst müssen wir uns eingestehen, dass kein Veranstalter einen hundertprozentigen Schutz gewährleisten kann. Eine Amok- oder Irrfahrt kann auch nicht gänzlich verhindert werden, wenn sämtliche Einmündungen auf dem Festumzug durch Betonpoller, Traktoren oder ähnlichem verstellt werden. Derjenige, der eine derartige Fahrt plant, wird Mittel und Wege finden. Er könnte zum Beispiel sein Fahrzeug vorab im Bereich des Festumzuges am Straßenrand oder auf einem Parkplatz abstellen und so die Sperrung der Zufahrten umgehen.“

Lippstädter Schützenverein

„Durch die letzten Anschläge wird natürlich die Angst von Amok- oder Irrfahrten immer präsenter und auch größer“, weiß Hauptmann Andreas Busch. Er berichtet, dass die heimische Feuerwehr und auch die Polizei seit vielen Jahren mit ihren Fahrzeugen die Durchfahrt zum Festumzug abriegeln. Busch sieht den Schützenverein daher „sehr gut vorbereitet“ hinsichtlich der präventiven Maßnahmen. Bereits jetzt gibt es Planungen für das Kreisschützenfest, das der Lippstädter Schützenverein 2029 ausrichten wird. Nochmal Busch: „Es wird Arbeitsgruppen u.a. für Sicherheitskonzept und Marschroute geben, in denen genau diese Szenarien durchgespielt und bewertet werden.“

Polizei

Und was rät die heimische Polizei den Vereinen? Sprecher Marco Baffa-Scinelli: „Im Falle von Schützenfesten und Schützenfestumzügen kann man zu ähnlicher Einschätzung wie bei Karnevalsumzügen kommen: Mögliche Angriffspunkte von außen sollten abgesichert sein. Wir verstehen aber auch die Not der Veranstalter, dass ein Umzug durch die Straßen der Städte und Dörfer im Kreis Soest nicht hermetisch abgeriegelt werden kann. Somit besteht immer ein Restrisiko, wenn man solche Veranstaltungen besucht.“

Der Sprecher abschließend: „Die abstrakte Gefahr eines Anschlages besteht noch immer fort. Aber wir sollten uns nicht abhalten lassen, uns in unserer Freiheit zu beschränken. Unser Appell: Trotz des kleinen Risikos, Opfer eines Anschlages zu werden, sollten Bürger die Feste besuchen und Spaß haben.“