Majestäten 1914

Königspaar: Elisabeth Rotermund (Frau Franz Brockhoff) & Franz Brockhof

Kronkönig: Heinrich Kehl

1914 Die Geseker Zeitung berichtete (gekürzt):

7. Juli. Der regnerische Mai und nicht minder der gewitterreiche Juni haben schon so mancher Festlichkeit in diesem Jahre böse mitgespielt und freudige Hoffnung vernichtet. Sonnige Tage der letzten Woche ließen erwarten, dass der längst ersehnte Umschwung in der Witterung endlich eintreten und beständiges Sommerwetter kommen würde. Sommerlich heiß war das Wetter am Freitag morgen noch und ein wolkenloser Himmel stärkte alle die an das Schützenfest geknüpften Hoffnungen. Aber schon gegen Mittag stiegen Gewitter auf und es setzte ein Landregen ein, der am Samstag mit kurzen Unterbrechungen anhielt und sogar am Sonntag derart stark wurde, dass an diesem Hauptfesttage noch nicht einmal der Festzug ausmarschieren konnte.

 

Am Montag war die Witterung leidlich, so dass sich wenigstens der schöne Schützenfestzug entfalten konnte. Auch war der Besuch infolge der schlechten Witterung an allen Tagen nicht so stark, wie man es sonst gewohnt ist. In unserer vorigen Nummer haben wir ja bereits den Verlauf des Freitag Abend und Samstag Morgen geschildert. Nachdem Herr Heinrich Kehl jr. kurz vor 11 Uhr die Krone herunter geholt, begann das Schießen um die Königswürde und es entspann sich um diese höchste Würde ein heißer Wettkampf. Ein beängstigendes Gedränge herrschte an den beiden Schießständen, von denen die Büchsen in den überaus zähen Rumpf des Vogels das verderbende Blei entsenden. Es lösen sich immer nur kleine Stücke los, die der Wind von dannen trägt. So geht es fast 4 Stunden lang. Der Vogelrest wird immer kleiner und die Spannung immer größer. Und weiter wird gestritten um die Königswürde. Ehrlich und heiß! Die Gesichter der Thronanwärter glühen vor Aufregurig – da mit einem Male: Paff, es ist kurz vor 3 Uhr, tausendstimmiges Hurra und schmetternder Tusch! Der König! Wer ist es? Herr Kaufmann Franz Brockhoff ist der Sieger, der sich in Fräulein Elisabeth Rotermund, Tochter des Herrn Bauunternehmers Anton Rotermund, eine reizende Königin erkor. Das Abholen der neuen Königin und ein feuchtfröhlicher Kommers bildete den Schluss des ersten Festtages.

 

Der Sonntag hatte einen Glanzpunkt aufzuweisen. Vier Schützenbrüder feierten ihr 50jähriges Jubiläum als Mitglieder des Schützenvereins. Es sind dies die Herren Rentner Heinr. Gärtner, Ökonom Heinrich Kehl, Rentner Adolf Rotgeri und Seilermeister Franz Tillmann. Die Königin heftete ihnen nach einer zu Herzen gehenden Rede des Auditeurs des Schützenbataillons, Herrn Amtsgerichtsrat Leinemann, die 50jährige Schützenjubiläumsmedaille höchst eigenhändig an die Brust. An allen Schützenfesttagen kam die urfidele Schützenfeststimmung zum Durchbruch.

 

(Noch ahnte niemand, dass schon gut drei Wochen später der 1. Weltkrieg ausbrechen würde.)