Sehr geehrte Damen und Herren!

liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger

unserer Heimatstadt!

liebe Schützenbrüder!

 

Krieg – ist der Grund dafür, dass wir hier heute an unserem Geseker Mahnmal stehen und der Opfer gedenken aus Gewalt, Unterdrückung, Gräueltaten und Terror und nicht zuletzt aus zwei verheerenden Weltkriegen. Millionen Opfer sind zu beklagen, die grauenvoll ums Leben gekommen sind. Wir stehen hier und schwören uns Jahr für Jahr aufs Neue darauf ein, dass Kriege nie wieder passieren dürfen – niemals wieder! Dass wir alles Erdenkliche in unserer machtstehende dafür tun müssen, den Frieden, unsere freiheitlichen Werte und Grundsätze, unsere Menschenrechte, unsere Demokratie, unser freies Leben, unsere Freiheit zu verteidigen und dauerhaft zu bewahren.

 

So halten wir es in Deutschland, so halten es viele Länder dieser Erde, die schon einmal in einen Krieg verwickelt waren. Alle schwören sich ein und beteuern – niemals wieder! Und dennoch kommt es weltweit immer wieder aus den unterschiedlichsten Gründen zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Laut Auswärtigem Amt der Bundesrepublik Deutschland werden weltweit derzeit über 50 kriegerische Konflikte zwischen souveränen Staaten und/oder einzelnen ethnischen Gruppen geführt.

 

 

Einer dieser Kriege ereignet sich gerade direkt vor unseren Augen. Keine zwei Flugstunden von hier entfernt erleben wir direkt vor uns auf europäischem Boden einen erbarmungslos geführten, brutalen das völkerrechtverachtenden Angriffskrieg Russlands in der Ukraine hautnah mit. Was vermutlich ein jeder von uns noch vor wenigen Monaten für absolut undenkbar gehalten hatte, ist bittere Realität geworden.

 

Uns werden tagtäglich grauenvolle Bilder gezeigt von Raketenangriffen und unglaublichen Zerstörungen, Bilder von getöteten Soldaten auf beiden Seiten, Bilder von Zivilisten, Männern, Frauen, Kindern, egal welchen Alters, auf der Flucht. Vertrieben aus Ihrer Heimat. Sich in unseren Köpfen einprägende Bilder von Angst, Leid, unvorstellbarer Gewalt, gnadenlosen Bombardements, Bilder vom Tod und in Anbetracht der Zerstörungen Bilder von Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit.

 

Doch wie kann so etwas passieren? Wir hier in Geseke, so wie heute, aber auch rund um den gesamten Erdball sagen immer wieder Leute – niemals wieder! Aber es passiert doch – immer wieder!

 

Wir schwören uns darauf ein, alles in unserer machtstehende zu tun, genau das zu verhindern. Aber tun wir das auch? Reicht das aber aus, zum Beispiel genau diesen Krieg in der Ukraine zu verhindern? Was könnten wir alles tun und was tun wird tatsächlich? Sollen wir aktiv in das Kriegsgeschehen eingreifen oder sollen wir uns gänzlich raushalten? Welche Interessen verfolgen wir als finanzstarkes Industrieland Deutschland eigentlich dabei? Unser Friede und unser sozialer Wohlstand sollen natürlich erhalten bleiben.

 

Unser Wirtschaftsminister Robert Habeck wurde vor ein paar Wochen zu Beginn des Ukraine-Krieges in einer abendlichen Polittalkrunde gefragt, ob Deutschland schon Teil des Krieges ist und ab wann man überhaupt Kriegspartei ist. Seine Antwort war folgende: „Deutschland ist nicht Teil des Krieges und Kriegspartei ist man erst dann, wenn Deine eigenen Soldaten von anderen Soldaten beschossen werden.“

 

Eine einfache und recht knappe Antwort. Für mich fällt die Antwort allerdings etwas zu einfach und zu knapp aus. Deutschland finanziert das Kampfgeschehen mit viel Geld mit und liefert schwere Waffensysteme an die Ukraine. Nach meinem Verständnis hat man spätestens hier, sicherlich schon viel früher aktiv in das Kriegsgeschehen eingegriffen. Meines Erachtens ist es völlig richtig, ein Land zu unterstützen, das durch einen Angriffskrieg massiv in seiner souveränen, freiheitlich-demokratischen Grundordnung, in seiner Existenz bedroht ist. Aber sind es die richtigen Maßnahmen Waffen zu finanzieren oder direkt zu liefern? Schafft das dauerhaft den gewünschten Frieden?

 

Sehr schwierige Entscheidungen, die hier getroffen werden müssen. Politiker weltweit sicherlich unter gewaltigem Druck. Wie sich unsere deutsche Politik allerdings dabei anstellt ist mehr als blamabel. Dabei geben einzelparteiliche Alleingänge und persönliches Gehabe auch nicht unbedingt ein professionelles Bild ab. Eine Aneinanderreihung politischer Peinlichkeiten über unsere gesamte Parteienlandschaft hinweg.

 

Wie erklärt man das aber den Menschen in der Ukraine, die täglich mit all ihren Kräften ums blanke Überleben kämpfen? In ständiger Angst vor russischen Bomben leben und gnadenlosen Kriegsverbrechen ausgesetzt sind? Wie erklärt man das den Menschen, die ihre hart erkämpfte Demokratie mit aller Macht verteidigen, den Kampf aufnehmen für ihre und auch unsere freiheitlichen Werte? 

 

Knapp 1.800 Kilometer von uns entfernt tobt ein fürchterlicher, sinnloser Krieg, in dem ein autokratisch auftretender russischer Machthaber Wladimir Putin die Weltpolitiker der Reihe nach vorführt und anscheinend ungehindert seiner Wahnvorstellung von einem erstarkten Sowjetreich nach altem Vorbild nachgehen kann.

 

Die Bundesrepublik Deutschland verliert gerade in der ganzen Welt an Vertrauen. Das Vertrauen, das wir seit dem Ende des 2. Weltkriegs vor 77 Jahren sehr mühevoll und mit großem Aufwand kontinuierlich wieder aufbauen konnten. Ich fordere von unseren Politikern, parteiübergreifend, mehr Besonnenheit bei solch hoch sensiblen Themen, mehr Weitblick, das Zurückstellen persönlicher Interessen, mehr Nachdruck gerade in der Diplomatie, ein höheres Maß an Verhandlungsgeschick, aber vor allem mehr Zielstrebigkeit, Verantwortungsbewusstsein, einen starken Entscheidungswillen und was ganz wichtig ist ein höheres Tempo in ihrem Tun. Zu langsam, zu spät und zu zögerlich. Die Menschen in der Ukraine haben diese Zeit einfach nicht! Nicht mehr und schon gar nicht weniger fordere von unseren Politikern ein.

 

Einigkeit in der Politik war in der vergangenen Weltgeschichte in der Regel immer die Grundlage dafür, dass Dinge vorangetrieben wurden, auch dass Kriege beendet werden konnten, Frieden und Wohlstand sich festigen konnten. Das sieht man nicht zuletzt an den Bündnissen und Allianzen wie zum Beispiel den Vereinten Nationen, der Europäischen Union oder der NATO. Zuletzt Anfang der Woche beim G7-Gipfel in Deutschland konnte erleben, wie Einigkeit geht. Definitive Entscheidungen wurden zwar nicht getroffen, aber ernsthaft Absichtserklärungen, was aus meiner Sicht schon einmal ein wesentlicher Grundstein für den weiteren Weg ist. Wenn sich Politiker einig sind, kompromissbereit, aber vor allem verlässlich und verbindlich sind, kann sehr viel bewegt werden und das Richtige getan werden.

 

Ich möchte zum Schluss an dieser Stelle ganz ausdrücklich betonen, dass es sich hier um meine ganz persönliche Meinung handelt. Mir ist mir sehr wohl bewusst, dass unsere Bruderschaft annähernd 2.200 Mitglieder hat und ich sicherlich nicht für jeden sprechen kann und auch nicht möchte. Dafür sind die Themen viel zu komplex. Das Gesagte soll in erster Linie ein Denkanstoß für alle sein. Diejenigen, die meiner Meinung sind, möchten im Nachgang bitte noch einmal darüber nachdenken und auch darüber sprechen. Diejenigen, die anderer Meinung sind, sollen das gleich bitte auch tun.

 

Nur solange man diese Themen in Bewegung hält, kommt nichts zum Stillstand und kann etwas bewirken. Das ist auch der Grundgedanke dieses Mahnmals, Themen lebendig halten, darüber sprechen und vor allem nicht vergessen!

 

Frieden – wird vielleicht einmal der Grund dafür sein, dass wir hier stehen und dass wir derer gedenken, die sich dafür eingesetzt haben. Das wäre mein Wunsch. Das sind wir gerade denen schuldig, die Ihr Leben im Kampf für Frieden, Demokratie und Freiheit verloren haben.

 

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit!