Dass sie sich mit dem Sebastianer-Virus infizierten, daran ist vor allem Ivan schuld. Bereits im letzten Jahr war er beim Schützenfest dabei – allerdings noch in Zivil. „Ivan war hellauf begeistert“, erinnert sich Rolf Lammert. „Schon damals äußerte er den Wunsch, im nächsten Jahr, also 2023, mitzumarschieren.“
Warm-up in Langeneicke
Gesagt, getan: Beim Gegenbesuch in Tarragona wurde alles eingestielt, sodass die Zwillinge am 24. Juni anreisen konnten. Sozusagen zum Warm-up machten sie zunächst einen Abstecher zum Langeneicker Schützenfest.
Kurz danach drehte sich aber alles nur noch um die Sebastianer: Fahne aufhängen, Zapfenstreich, Antreten: Bei allem mischten Ivan und Alex mit. Darüber, dass die beiden (noch) keine Vereinsmitglieder sind, sah Oberst Hans-Georg Dröge übrigens großmütig hinweg, sagt Rolf Lammert. Er brachte nicht nur persönlich zwei Fähnchen vorbei, sondern erwähnte die Spanier auch in seinem Grußwort.
Frack und Zylinder besorgte derweil die Familie Lammert. Die traditionelle Sebastianer-Kopfbedeckung war sogar ein richtiger Schnapper – nur 30 Euro bei Ebay-Kleinanzeigen. In voller Montur reihten sich die Zwillinge schließlich in die Westhofe ein.
Drei Wochen später geraten die beiden immer noch ins Schwärmen, wenn sie an das Schützenfest zurückdenken. „In Spanien gibt es nichts Vergleichbares, sowas gibt es nur hier“, sagt Ivan. „Wir hatten viel Spaß mit allen Leuten, alle sind nett. Das ist supertoll, einfach unglaublich!“ Auch für Geseke an sich hat der 22-Jährige nur Lob übrig. „Ich persönlich fühle mich sehr wohl hier. Wenn ich in Deutschland bin, ist Geseke meine Stadt.“
Die Begeisterung der Spanier übertrug sich offenbar auf die Sebastianer: „Viele Leute auf dem Schützenfest sprachen sie an, wenn sie merkten, dass es sich um Spanier handelt“, erklärt Rolf Lammert. „Der häufigste Satz war dann: Dos cervecas, por favor!“
Nach dem Vergnügen folgte ausnahmsweise mal die Arbeit, oder genauer gesagt die Bachelor-Arbeit. Die Geschwister studieren auf Lehramt: Alex Geschichte, Ivan Englisch und Deutsch. Beide wollen sich verschiedenen Aspekten des Schützenwesens am konkreten Beispiel der Sebastianer widmen. Grob gesagt geht es um die Beziehung zwischen deutscher Identität und Schützenwesen, um die Geschichte und Traditionen der Bruderschaft, das Ganze angereichert mit persönlichen Erfahrungen. Hilfe bei der Recherche bekamen Alex und Ivan von Gesekes Stadtarchivarin Evelyn Richter, die sie mit den entsprechenden Unterlagen versorgte.
Noch bis Ende Juli sind die Zwillinge in Deutschland. Dass sie nächstes Jahr im Sommer wiederkommen wollen, ist längst beschlossene Sache. Dann nicht nur als vollwertiges Sebastianer-Mitglied, sondern irgendwann vielleicht sogar unter der Vogelstange. „Das Beste, was passieren kann, ist König zu werden“, sagt Ivan. „Und ich hab noch ein ganzes Leben, um das zu erreichen.“
In voller Montur: Ivan und Alex aus Spanien (v.l.) feierten nicht nur das Sebastianer-Schützenfest mit, sondern machen es auch zum Thema ihrer Bachelor-Arbeit.
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