Für den Historiker Jan Eiserich sind Archive naturgemäß eine tolle Quelle für seine Geschichtsforschungen. Auch Zeitungsarchive gehören dazu. Und weil er gleichzeitig Archivar bei den Sebastianern ist, verbindet er jetzt beides miteinander.

„Schon seit den ersten Tagen des Erscheinens unserer Heimatzeitung ist die Geseker Schützengesellschaft fester Bestandteil von Berichten und Festbeschreibungen“, verdeutlicht Eiserich. Zu Beginn, im Jahre 1892, erschien die Geseker Zeitung an wenigen Tagen in der Woche. Wichtige Informationen aus Stadt, Kreis und Provinz sowie internationale Nachrichten wurden in den Ausgaben gebündelt. „Diese Zeitungsberichte sind wichtige Quellen und Zeugnisse unseres Vereinslebens und der Menschen in Geseke. Sie beschreiben aus erster Hand, wie damals gefeiert und das Schützenfest begangen wurde“, so der Archivar. Die Artikel liefern in ihren Beschreibungen interessante Indizien über das Hochfest der Bruderschaft, über Zeiten, als es zum Beispiel noch keine Halle gab und in einem Festzelt gefeiert wurde.

Die Idee hatte Eiserich bereits 2011. Damals war er als Langzeitpraktikant im Erwitter Stadtarchiv an der Seite von Hans Peter Busch tätig. Da lag es nahe, immer wieder auch dem Geseker Stadtarchiv einen Besuch abzustatten: Hier sind alle Ausgaben der Zeitung auf Mikrofilm einzusehen. „Ich hatte das Material als Scans zuhause“, erzählt er. Und nach zehn Jahren war jetzt in der schützenfestfreien Zeit die Gelegenheit da, einen Teil der langen Geschichte der Bruderschaft über frühere Zeitungsartikel zu erforschen. „Wie sieht sich die Schützenbruderschaft im Jahr 1892 selber? Wie reflektiert sie sich?“, lautete die Fragestellung, unter der der Archivar zu Werke ging.

Auftakt bildete die erste Festbeschreibung aus dem Jahr 1892. Zunächst wird über die besonders gute Feststimmung berichtet, die bei einigen Schützenbrüdern, sowie der Redaktion der Zeitung einen „schweren Kater“ hinterließ. Beschrieben wird auch der besondere Aufbau des Festzeltes, welches mit einem Tuch überspannt war. Leider sei das Tuch nicht wasserdicht gewesen, was an dem einzigen Regentag des Festes dazu führte, dass es auf die Tanzfläche tropfte. Bei dem Schützenfest gab es neben dem üblichen Festablauf gleich mehrere erwähnenswerte Höhepunkte. So wurde der 92 Jahre alte geheime Medizinalrat Dr. Schuppmann besonders gewürdigt, da er im Jahre 1832 König der Bruderschaft war.

Zeitgeschichtlich interessant ist der nächste Höhepunkt des Festes, berichtet der Historiker: So gedachten 18 Kameraden, die an der Schlacht von Königgrätz am 3. Juli 1866 teilgenommen haben, ihres gefallenen Schützenbruders Wilhelm Lenze. Bei dieser Schlacht war der damalige Kommandeur Hermann Haken Feldwebel der Truppe. Bei der Schlacht von Königgrätz siegte die Armee Preußens über die Armeen Österreichs und Sachsens. Nach dem Sieg konnte Reichskanzler Bismarck die Vormacht Preußens im Deutschen Bund ausbauen und die „Kleindeutsche Lösung“ durchsetzen. Sie gilt als wesentlicher Meilenstein auf dem Weg zur Reichsgründung 1871.

Als Abschluss an den Festbericht fügt der Redakteur ein Gedicht aus der „Lippstädter Zeitung“ hinzu, welches seiner Meinung nach gut zu den Geseker Schützen passe. Der Autor des Gedichtes ist leider nicht bekannt. Elf Strophen haben die Verse und handeln davon, was ein guter Schütze ist.

Am letzten Tag dieses Festes ereignete sich noch ein tragischer Unfall. So wird berichtet, dass ein Geseker Bürger, „der wohl eine harte Schlacht auf dem Schützenplatz geschlagen habe“, versucht hat, seinen Rausch auf der Mauer zur Stiftskirche auszuschlafen. Leider fiel er aus großer Höhe hinunter „und befand sich nicht mehr in dem vermeintlichen Himmelbett auf der Mauer“, er zog sich dabei eine schwere Verletzung am Kopf zu. Diese wurde durch einen herbeigerufenen Arzt versorgt. „Wie es genau mit dem Mann weiterging, kann leider nicht mehr nachvollzogen werden“, so Eiserich.

Viel Arbeit steht dem Schützenleutnant jetzt weiterhin ins Haus. Bis zum Jahr 1913 hat er sich schon durch die in Fraktur-Schrift gesetzten Zeitungsseiten vorgearbeitet – und dabei sowohl manchen vereinsgeschichtlich wie auch zeitungsgeschichtlich wertvollen Schatz gehoben.

Schützenfestberichte im Plauderton: Archivar Jan Eiserich forscht ab den ersten Ausgaben der Geseker Zeitung nach Sebastianer-Berichten. Foto: Lüke

Archivar Jan Eiserich